Maut auf deutschen Straßen: aktueller Stand und zukünftige Pläne

Seehofer pfeift auf Brüsseler Zustimmung. Dobrindt erwägt offenbar Maut-Ausnahmen. EU-Kommissar Kallas warnt vor Diskriminierung auf Straßen. Das sind nur einige der neuesten Meldungen rund um das Thema PKW-Maut, die gefühlt stündlich auf uns einprasseln. Aber wer will jetzt was und wie umsetzen? Wir versuchen etwas Struktur in das Wirrwarr um die Maut zu bringen.

Der aktuelle Stand: LKW-Maut

LKW Maut-SchildBis jetzt zahlen auf deutschen Straßen nur die Lastkraftwagen eine Maut, die sich an der Länge der Strecke, der Anzahl der Achsen und der Schadstoffklasse des LKW orientiert. Für das Jahr 2014 lag die Maut für einen Kilometer zwischen 14 und 29 Cent. Auf den ersten Blick nicht so viel, aber über längere Strecken und einen längeren Zeitraum gesehen, addieren sich die Centbeträge schnell zu Beträgen im Milliardenbereich. Durchschnittlich konnte der Bund Einnahmen von rund vier Milliarden Euro pro Jahr erzielen.

Aber nicht nur der Bund, sondern auch Daimler und die Deutsche Telekom verdienen am Mautgeschäft. Diese sind nämlich die Hauptgesellschafter von Toll Collect – jenes private Unternehmen, welches das deutsche Mauterhebungssystem betreibt. Laut Spiegel Online sichert das Geschäft den beiden DAX-Konzernen jährlich einen zweistelligen Millionengewinn.

Derzeit muss die Maut nur berappen, wer mit seinem LKW die Autobahn oder seit 2012 auf rund 1100 Kilometern Bundesstraßen (B4, B9 und B75) fährt. Doch bereits für nächstes Jahr steht hier wieder eine Änderung an. Nach Plänen des Bundesverkehrsministeriums soll die Gebührenpflicht ab 1. Juli 2015 für weitere 1000 Kilometer Bundestraßen und statt wie bisher ab 12 Tonnen nun bereits schon für Transporter ab 7,5 Tonnen erhoben werden.

Die Pläne: PKW-Maut

Maut auf deutschen StraßenKlar ist, dass die deutsche Verkehrsinfrastruktur als chronisch unterfinanziert gilt. Laut der Wirtschaftswoche wären zusätzliche 7,5 Milliarden Euro im Jahr notwendig, um sämtliche Verkehrswege – also Straßen, Schienen und Wasserwege – in Schuss zu halten und auszubauen. Das Geld soll nach Plänen von Bundesverkehrsminister Dobrindt durch eine bundesweite Maut eingenommen werden. Diese ist jedoch sehr umstritten – ein endgültiger Entwurf von Dobrindt liegt erst gegen Ende Oktober (siehe Update) vor.

Doch wie sehen die derzeitigen Entwürfe für die Maut auf deutschen Straßen aus?

Wer muss zahlen?

Das Konzept von Minister Dobrindt sieht vor, dass alle Fahrzeughalter aus dem In- und Ausland zahlen müssen, die mit einem zulässigem Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen deutsche Straßen benutzen. Ursprünglich war die Maut nur für ausländische Fahrzeughalter angedacht, was allerdings gegen die “Nichtdiskriminierung”, einem Grundpfeiler des EU-Rechts, verstoßen würde. Daraufhin erweiterte Dobrindt sein Konzept auf alle Fahrer, die die deutschen Straßen benutzen, möchte allerdings über eine Senkung der KFZ-Steuer deutsche Autohalter entschädigen.

Wo muss gezahlt werden?

Maut auf deutschen StraßenÜber diesen Punkt herrscht noch keine Klarheit. Zunächst sollte die Maut auf allen deutschen Straßen erhoben werden, das bedeutet auch auf kleinen Kreis- und Landstraßen. Dies sorgte allerdings vor allem in den Grenzregionen für Empörung, denn dadurch würde der Grenzverkehr in die Nachbarstaaten abgewürgt werden, der eben vor allem über Kreis- und Landstraßen fließt. Daraufhin wurde ein angeblicher Überarbeitungsvorschlag von Dobrindt bekannt, der die Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen eingrenze. Auf Nachfragen im Ministerium wurde diese Überarbeitung allerdings weder dementiert noch bestätigt. In diesem Punkt bleibt uns also nur, auf klarere Aussagen seitens des Ministers zu warten.

Was soll die Maut kosten?

Für in Deutschland nicht KFZ-steuerpflichtige PKW sind zunächst drei verschiedene Vignetten geplant. Die Halter können wählen, ob sie eine Vignette für 10 Tage (10€), 2 Monate (20€) oder 1 Jahr brauchen. Der Preis für eine Jahresvignette beträgt – unabhängig von der technischen Beschaffenheit des Fahrzeugs – 103,04€ für Benzin- und 112,35€ für Dieselfahrzeuge.

Für Halter, die ihr Auto in Deutschland angemeldet haben, gilt eine andere Regelung. Diese richtet sich nach Art des Treibstoffes, der Erstzulassung des PKW und dem Hubraum. Laut kfz-steuer-info.de zahlen Fahrzeuge mit Erstzulassung ab Juli 2009 und Benzinmotor eine Abgabe von 2€ je angefangenen 100 cm³, für gleich alte Autos mit Dieselmotor werden 9,50€ pro angefangenen 100 cm³ fällig. Für ältere Fahrzeugmodelle muss ebenfalls der für die jeweilige Schadstoffklasse vorgesehene Betrag je 100cm³ Hubraum entrichtet werden. Die Maut aller übrigen Fahrzeuge, wie beispielsweise Wohnmobile, wird nach der im KFZ-Steuergesetz festgelegten Systematik bemessen. Bei Wohnmobilen richtet sich die Abgabe also nach Schadstoffklasse und Gewicht.

Für Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw will Dobrindt eine Kompensation über einen Freibetrag in der Kfz-Steuer durchsetzen. Soll heißen: Die Kfz-Steuer wird um genau den Betrag reduziert, der für die Maut fällig wird. Dadurch soll der deutsche Autofahrer durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden. Ob sich diese Lösung allerdings durchsetzen lässt, bleibt zu bezweifeln.

Wann soll es losgehen?

Bis die Maut auf die deutsche Straße kommt, sind noch weitere gesetzliche Maßnahmen erforderlich. Die technische Umsetzung soll 2015 erfolgen, so dass die PKW Maut ab dem 1. Januar 2016 wirksam werden kann – vorausgesetzt die Gesetzgebung läuft wie vorgesehen.

 

Update: Minister Dobrindt rückt von ursprünglichem Konzept seiner Maut weit ab

Laut Spiegel Online stellte Verkehrsminister Dobrindt bei einem Treffen im Verkehrsministerium weitgehend abgeänderte Mautpläne vor. So soll die Maut, wie beispielsweise auch in Italien, Österreich oder der Schweiz, nur beim Befahren der deutschen Autobahnen fällig werden. Zwar sieht der Entwurf ab 2018 eine Abgabe auch auf Bundesstraßen vor – allerdings bleibt abzuwarten, ob Dobrindt diese Pläne wirklich auch dann noch durchsetzen kann. Nach wie vor versichert der CSU-Minister übrigens, dass deutsche KFZ-Halter keine Mehrkosten zu erwarten haben – durch eine Verringerung der KFZ-Steuer sollen die Mautgebühren ausgeglichen werden.

Update: Maut ist beschlossen

Ungeachtet der langen Debatten hat das Bundeskabinett am 17. Dezember 2014 für die PKW-Maut gestimmt. Laut SpiegelOnline strebt Dobrindt einen Start der Maut für 2016 an. Die Maut soll für deutsche KFZ-Halter auf Bundesstraßen und Autobahnen gelten, für Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.

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