Deutschland von oben

„Ein Erlebnis der besonderen Art hatte ein einsamer Skitourengeher in Österreich. Vermutlich seit Stunden ganz alleine, ruhig und fast lautlos unterwegs erreicht er eine kleine Hochfläche an der Baumgrenze. Kaum 50m neben ihm steht einsam eine hohe Fichte.
Plötzlich erscheint ein Hubschrauber, ein Typ springt 100m vor ihm raus und der Helikopter dreht ab.
Ein kurzer Ruf – über dem Kopf des Tourengängers war das Fragezeichen fast greifbar – und aus der Fichte neben ihm startet ein Steinadler und landet auf der Faust des Typen.

Der Hubschrauber kommt wieder, beide steigen ein und nach insgesamt kaum 3 Minuten ist es wieder so ruhig wie zuvor in der Bergwelt.“¹

Start frei!
Start frei!

Wem so etwas passiert, der ist nicht etwa mitten in einem Actionfilm gelandet, sondern sehr wahrscheinlich Paul Klima und seinem Steinadler Sky über den Weg gelaufen. Paul Klima ist der Inhaber des Falkenhofs Lenggries und arbeitet seit Kindesbeinen mit Greifvögeln. Am Falkenhof sind derzeit 17 Greifvögel beheimatet, von verschiedenen Falken über Milan und Uhu bis zum Gänsegeier. Und auch als Ausflugsziel wird die Erlebnis-Falknerei Lenggries gerne angenommen. Bis in die 70er Jahre standen die Adler kurz vor der Ausrottung, nur durch den verstärkten Naturschutz gelang es ihnen, wieder in die angestammte Heimat zurückzukehren. Deshalb ist es ein großes Anliegen des Teams, die Thematik Falknerei einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ganz nach dem Motto: Nur was ich kenne, kann ich auch schützen. Gemeinsam mit dem Team der Erlebnisfalknerei und Filmtierschule Falkenhof bildet Klima seit fast 20 Jahren die verschiedensten Greifvögel für unzählige nationale, aber auch internationale Produktionen vom Bayerischen Fernsehen bis National Geographics aus.

Begonnen hat alles vor über 20 Jahren gemeinsam mit „Förster Martin Rombach“ (Christian Wolf) bekannt aus der ZDF-Serie „Forsthaus Falkenau“. Für diese trainierte Paul Klima zum ersten Mal Falken für Filmaufnahmen.
Dieser Beruf wurde für Paul zur Berufung:

Beste Kumpel
Beste Kumpel

Inzwischen geht er zusammen mit seinen Greifvögeln in die Luft und teilt sich den Himmel mit ihnen beim sogenannten Parahawking, einer Kombination aus Gleitschirmfliegen und Falknerei. Die Vögel werden dabei darauf trainiert, ihre „Piloten“ über mehrere Stunden hinweg zu begleiten. Unterstützt wird er seit einigen Jahren von Helmut Achatz, der seine wertvollen und langjährigen Erfahrungen als Gleitschirmlehrer einbringt.

Die Stars der Filmtierschule wirkten schon in zahlreichen Filmen und Serien mit. Am bekanntesten ist wohl der Dokumentarfilm „Deutschland von oben“, der letztes Jahr in den deutschen Kinos lief und sogar den Sonderpreis des Deutschen Kamerapreises abräumte. Aber auch beispielsweise beim „wilden Wohnzimmer“ auf VOX oder bei „Welt der Wunder“ auf RTL2 waren die Schützlinge des Falkenhofes schon zu Gast.

Dreh in 1000 Metern Höhe
Dreh in 1000 Metern Höhe

Bei dem derzeitigen Projekt laufen viele Drehs im Hochgebirge nach folgendem Schema ab: Adler samt Team werden von einem Helikopter auf den Berg gebracht. Helmut Achatz steht am Startpunkt, Falkner Paul Klima am anderen Ende, dazwischen der Hintergrund, den der Regisseur gefilmt haben möchte. Der Adler startet also bei Achatz, Klima zieht ihn wieder ein und dazwischen filmt der im Helikopter sitzende Kameramann den Flug des erhabenen Königs der Lüfte über malerische Landschaften hinweg.

Doch die Drehorte, angefangen von den Bergen vor der Haustür über die Karawanken im Osten bis hin zum Mt. Blanc Gebiet im Westen, sind oft so vielfältig und imposant, dass eigentlich überall gefilmt werden könnte. Deswegen wurde mit den besten Adlern ein neuer Ablauf einstudiert: Der Adler startet, hat aber keinen festen Zielpunkt vorgegeben. So fliegt er einfach frei umher, oft auch gemeinsam mit anderen wilden Greifvögeln.
Doch was passiert, wenn das wertvolle Tier den Hubschrauber mal abhängt? Bei Spitzengeschwindigkeiten von über 200 Stundenkilometern im Sturzflug ist das leicht vorstellbar. Nicht nur der materielle, sondern ganz besonders auch der ideelle Verlust wäre enorm für den Falkenhof. Und genau da kommt der GPS-Tracker ins Spiel: Der kleine Garmin GTU10 wird auf dem Rücken des Adlers befestigt, wobei das Gerät nicht als solches erkennbar sein darf.

“Evolutionsstufe 1”: Noch ist das GPS-Gerät zu erkennen…

Helmut Achatz und Jungadler Bruno: Das GPS-Gerät ist selbst für die Kino-Kamera unsichtbar!
Helmut Achatz und Jungadler Bruno: Das GPS-Gerät ist jetzt selbst für die Kino-Kamera unsichtbar!
von den Adlern
von den Adlern “bearbeiteter” GTU 10

Ist diese Mission geglückt, können die Tiertrainer jederzeit den Stand ihres treuen Gefährten live tracken und sich somit sicher sein, ihn auch auf Abwegen jederzeit wiederzufinden. Sobald der Adler nach einer gewissen Zeit irgendwo landet, wird Paul Klima vom Hubschrauber in der Nähe abgesetzt. Der Hubschrauber geht auf Abstand und sofort kommt ein begeisterter Adler zu seinem „Papa“ angestürzt. „Mit analoger Technik wäre dies im Hochgebirge undenkbar.“, meint Helmut Achatz zu den kleinen GTU-Geräten.Deshalb verkünsteln sich die Bühnenbildner, bis sich der GTU farblich nicht mehr vom Gefieder abhebt und im Film „wilde Adler“ zu sehen sind. Gleichzeitig darf auch keine Langeweile bei den Tieren aufkommen, sonst war das Gerät die längste Zeit ein brandneuer, „unbearbeiteter“ GTU 10.

Diese Tatsache spart am Filmset jede Menge Zeit, aber auch Geld, denn so schafft das Team um Paul Klima einige Flugaufnahmen und -routen, die bisher einfach undenkbar waren. Auch aktuell wird wieder mit scheinbar grenzenlosem kinematografischem Aufwand an einem Projekt gearbeitet. Nur dass es um einen Film geht – und zwar kein Kurzfilm – so viel wird verraten. Auf alles andere dürfen wir gespannt sein!

Live-Tracking von Adler
Live-Tracking von Adler “Sky” bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h
¹Pauls Blog (http://www.vogeljakob.de/falkenhof-news.html)

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