Wiegt eine volle Speicherkarte mehr, als eine leere?

Wiegt eine volle SD-Karte mehr, als eine leere?Frage: Haben digitale Daten ein Gewicht? Wird eine SD-Karte beim Beschreiben leichter oder schwerer? Bleibt es gleich? Zugegeben, wenn man die Frage zum ersten Mal hört, kommt sie einem doch relativ seltsam vor. Abgesehen von Technik-Geeks, wen interessiert das Gewicht einer SD-Karte? Die Antwort: Uns!

Sind wir mal ehrlich: Die zwei wichtigsten Dinge beim Wandern, um Frust zu vermeiden, sind gutes Kartenmaterial und wenig Ballast. Doch gehen diese beiden Aspekte zusammen? Stichwort Ultraleicht-Backpacker. Mit Hilfe der Navigation via GPS lässt sich schon mal einiges an Gewicht einsparen. Die Karten werden direkt auf einer SD-Karte im GPS-Gerät gespeichert. Doch lässt sich hierbei noch Gewicht optimieren? Wiegt eine SD-Karte mit einer topografischen Deutschlandkarte mehr, als eine der Schweiz? Und macht es sich unterwegs bemerkbar, wenn die GPS SD Karte voll beschrieben ist?

Um das zu klären starten wir einen kurzen Ausflug in die Wunderwelt der Mikroelektronik. Die SD-Karte gehört wie beispielsweise der USB-Stick zu den Flash-Speichern, deren elementares Speicherelement der Floating-Gate-Transistor darstellt. An dieser Stelle könnte man sich bereits in technischen Einzelheiten verlieren, doch für uns ist an dieser Stelle nur ein Baustein davon wichtig: Das Floating Gate, heißt auf Deutsch so viel wie „nicht angeschlossene Steuerelektrode“.

Polarität und Masse – der Informationsoverflow

Achtung, jetzt wird es etwas komplizierter. Beim Beschreiben einer Zelle ist es generell so, dass Elektronen in diesem Floating Gate eingefangen werden. Die Ladungsträger sind dann ortsfest. Nach außen hin soll die Zelle allerdings nicht geladen erscheinen. Um das zu erreichen, müssen um die ortsfesten Ladungen im Gate herum entsprechende Ladungen der anderen Polarität vorhanden sein. Vereinfacht dargestellt: Wenn sich in dem Gate ein Minuspol befindet, muss dieser durch einen Pluspol wieder ausgeglichen werden, damit das ganze Gate nach außen hin neutral erscheint. Zwischen diesen Orten unterschiedlicher Ladungen existiert nun aber ein elektrisches Feld, welches nur vorhanden ist, wenn die Zelle programmiert ist. Dieses elektrische Feld hat aber eine nicht verschwindende Masse, wie die wohl berühmteste Formel der Physik E=m*c^2 beweist. Denn löst man nach der Masse m auf, lautet die Formel m = E/c^2. E ist dabei die Energie des elektrischen Feldes, c ist die Lichtgeschwindigkeit, das heißt letztere bleibt immer konstant. Also nochmal kurz zusammengefasst: Sobald Energie vorhanden ist, also die Zelle programmiert ist, ist auch Masse berechenbar.

Digitale Informationen werden im Binärsystem abgespeichert, also nur mit „Einsen“ und „Nullen“. Wenn man nun annimmt, dass beim Schreiben einer „1“ die Elektronen im Floating Gate vorhanden sind und bei einer „0“ nicht, dann wird eine Zellen mit einer „1“ schwerer sein, als eine Zelle mit einer „0“. Soweit so gut.

Stochastische Schwankungen

Digitale Informationen werden im Binärsystem abgespeichertJetzt kommt aber noch ein zweiter Aspekt hinzu: In der Fragestellung wird allgemein von Daten gesprochen. Daten bestehen im Mittel stochastisch gesehen aus gleich vielen Nullen und Einsen. Wird bei einem Flash-Datenträger eine Datei gelöscht, werden dabei nicht wirklich alle Datenblöcke entfernt, also mit Nullen beschrieben werden, sondern nur die entsprechenden Einträge im Verzeichnis entfernt. Dies ist im Vergleich zu den eigentlichen Daten nur ein verschwindend kleiner Teil, wenn man es mit der Größe der Nutzdaten vergleicht. Da die Anzahl der Nullen und Einsen in den Nutzdaten stochastischen Schwankungen unterworfen ist, wird die Anzahl der tatsächlich in den Verzeichnissen geschriebenen Nullen in dieser stochastischen Schwankung verschwinden.

Ganz wichtig dabei ist, dass auf einem Flash-Datenträger beim Löschen einer Datei nicht wirklich alle Datenblöcke entfernt (das heißt mit Nullen beschrieben werden) sondern nur die entsprechenden Einträge im Verzeichnis entfernt werden. Dies ist im Vergleich zu den eigentlichen Daten nur ein verschwindend kleiner Teil wenn man es mit der Größe der Nutzdaten vergleicht. Da die Anzahl der Nullen und Einsen in den Nutzdaten stochastischen Schwankungen unterworfen ist, wird die Anzahl der tatsächlich in den Verzeichnissen geschriebenen Nullen in dieser stochastischen Schwankung verschwinden.

Und nun? Das Ergebnis

Haben digitale Daten ein Gewicht?Was bedeutet das jetzt alles? Theoretisch könnten wir das Gewicht einer SD-Karte verändern! Wenn man eine sehr große Datei aus lauter Einsen auf die Speicherkarte lädt, dann ist letztere schwerer, als mit einer Datei aus lauter Nullen bespielt. In der Realität aber ist das Verhältnis zwischen „0“ und „1“ ausgewogen, beides kommt etwa gleich oft vor. Und damit ändert dann auch die SD-Karte ihr Gewicht nicht – egal wie „leer“ oder „voll“ diese ist.

Wer schon darauf spekuliert hat, dass er das Gewicht seines Wanderrucksacks optimieren kann, indem er überflüssige Karten von seinem GPS-Gerät löscht, der sei getröstet: Beispielsweise eine Topo Deutschland V6 PRO auf SD-Karte wiegt nur einen minimalen Bruchteil davon, als wenn man Wanderkarten für ganz Deutschland in Papierform mit sich herumschleppen würde. Vom Platzverbrauch gar nicht erst zu reden…

An dieser Stelle vielen Dank an Klaus-Dieter Taschka vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen für die vielen hilfreichen Tipps und Erklärungen rund um diese spannende Fragestellung!

6 Gedanken zu „Wiegt eine volle Speicherkarte mehr, als eine leere?“

  1. Ein TK25-Blatt auf Papier wiegt ca. 40 Gramm, ganz Deutschland umfaßt überschlägig (ich habe nur grafische Übersichten gefunden und nicht genau gezählt) ca. 3500 Blätter. Macht zusammen so um die 150 kg Papier zum Gesamtkaufpreis von an die 20.000 Euro.

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  2. Deutschlands Fläche = 357.121km^2
    Geteilt durch 25.000 = 14,28km^2 = 14.280.000m^2
    Gewicht auf normalem Papier (80g/m^2) = 1.142.000kg = 1.142t
    Anzahl an A4 Blättern (1/16m^2) = 228.480.000
    Anzahl Ordner (jeder fasst 350 Blatt): 652.800

    Nimm lieber die SD Karte mit. 😉

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  3. falls das Gewicht einer SD-Karte ins Gewicht fallen sollte, würde ich mir den Ausschnitt wohin ich fahre direkt aufs Gerät spielen. So hab ich wieder ein paar mikrogramm gespart …

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  4. Sehr erheiternd und ebenso interessant!

    Da würde mich weiter interessieren: Wieviel wiegt denn ganz Deutschland im Maßstab 1:25.000 als Papierkarte? Und wieviele Blätter sind das insgesamt?

    Gruß

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