Allein unter Schafen – Eine Mehrtageswanderung im Südwesten Irlands

(Andreas Hillmer) Unsere Reise beginnt in Dublin am 6. Juni 2015. Ein letztes mal Stadtluft atmen, bevor es in den Südwesten des Landes auf die Halbinsel „Sheeps Head“ geht. Mit dem Bus fahren wir über Cork nach Bantry. Es regnet, damit hatten wir in Irland ja irgendwie auch gerechnet. Bantry ist der Startpunkt des Sheeps Head Way, einer etwa 94 Kilometer langen Wanderung, die wir in vier Tagen bewältigen wollen. 

Schwarze Männchen auf gelbem Grund

IMG_0089Bereits hier erkennen wir schnell die Unterschiede zur großen Hauptstadt im Nordosten. Bei landestypischen Fish and Chips in einer kleinen Bar im Zentrum kommen wir schnell mit der Wirtin ins Gespräch. Wir erzählen ihr von unserem vorhaben und sie scheint jeden Ort hier in der Gegend bestens zu kennen. Sie ist hier schließlich aufgewachsen. Die Leute von hier, die auch hier bleiben und nicht in die großen Städte ziehen, lieben diesen Flecken Erde.

Sie freut sich mit uns, gibt uns ein paar Tipps mit auf den Weg und verspricht, dass sogar gutes Wetter bevor steht. Mit noch mehr Motivation starten wir zu unserem ersten Bed and Breakfast am Stadtrand. Am nächsten Tag starten wir mit einem traditionellen irischen Frühstück: Porridge (Haferbrei), Rührei, Baked Beans und kleinen Schweinewürsten. Man sollte meinen, dass dieses Frühstück das Mittagessen überflüssig macht. Über kleine Feldwege geht es nun leicht hügelig immer an der Nordküste der Halbinsel entlang Richtung Westen.

Als wir uns umdrehen, sehen wir den Hafen von Bantry langsam hinter den Hügeln verschwinden. Und damit auch die Zivilisation für diesen Tag. Die Pfade werden immer kleiner und unbefestigter. Auf dem richtigen Weg zu bleiben ist aber kein Problem, die Ausschilderung ist nicht übertrieben aber immer an den richtigen Stellen angebracht. Kleine schwarze Männchen auf gelbem Grund, gemalt auf Steinen oder Bäumen zeigen uns wo es lang geht.

Eine Mischung aus Herr der Ringe und Braveheart

IMG_0408Bei gutem Wetter ausreichend, bei schlechtem und vor allem bei Nebel empfiehlt sich ein GPS. Wir hatten das Garmin GPSMAP 64st griffbereit und die Tactix am Handgelenk um die aktuellen Daten immer im Blick zu haben. Über insgesamt 24 Kilometer wandern wir nun bei strahlendem Wetter. Das Meer rechts von uns, traumhafte Hügellandschaft vor uns. Man kommt sich ein bisschen vor wie in einer Mischung aus dem Auenland beim „Herrn der Ringe“ und den Highlands aus dem Film „Braveheart“.

700 Höhenmeter werden an diesem Tag überwunden, nie zu steil und hinter jedem Hügel wartet eine neue spektakuläre Aussicht. Außer Schafen treffen wir auf dem gesamten Weg niemanden. Damit hatten wir im Juni nicht gerechnet. Wir nehmen einen kleinen Umweg über den Seefin Mountain auf uns, denn wenn man als Alpen-geprägter Wanderer nach Irland kommt, lässt man sich so etwas nicht entgehen. Außerdem ragt der „Berg“ auch nur 345 m empor.

Immer Bergab geht es in Richtung unserer nächsten Herberge im beschaulichen Kilcrohane. Viel mehr als ein B&B, einen kleinen Supermarkt und eine Bar gibt es hier nicht. Aber mehr brauchen wir auch nicht. Wir genehmigen uns noch ein Sandwich und ein kühles Guinness bevor die Sonne unter geht. Der Tag war anstrengend und am nächsten liegt die längste Einzeletappe vor uns. Das Gute ist, wir können die schweren Rucksäcke in unserer Unterkunft lassen, denn wir planen an der Nordküste bis zum Westzipfel der Halbinsel zu gehen und an der Südküste wieder zurück nach Kilcrohane. Wir starten recht früh und nehmen nur das nötigste mit.

Nie wird die Landschaft monoton, nie kommt Langeweile auf

Zunächst geht es ganz nah an die Küste. Schafe weiden an steilen Klippen. Viele Wanderer scheinen sie nicht gewohnt zu sein, denn scheu machen sie uns schnell Platz. Die Wege an den Klippen entlang sind gut befestigt und man fühlt sich sicher. Bald kann man schon das Westende der Halbinsel in der Ferne sehen. Dort befindet sich als Zwischenziel ein kleiner verlassener Leuchtturm.

Je näher wir ihm kommen, desto mehr andere Wanderer treffen wir. Hauptsächlich Tagesausflügler, denn eine der wenigen geteerten Straßen verläuft hier nicht allzu fern. Vorbei an verfallenen Steinhäusern aus vergangenen Jahrhunderten laufen wir weiter. Hügel um Hügel. Nie wird die Landschaft monoton, nie kommt in dieser Kulisse Langeweile auf. Trotz der Länge der Etappe, ist es ein angenehmer Weg und wir freuen uns über den leichten Rucksack.

Gegen Mittag kommen wir schließlich am westlichsten Punkt an. Wir genießen eine Weile den Blick über das wilde Meer und machen uns dann auf den Rückweg, diesmal entlang der Südküste. Gar nicht weit jenseits der lang gezogenen Bucht erkennen wir den „Mizen Head“, eine weitere Halbinsel der Region und in Gedanken planen wir schon den nächsten Trip. Am Abend kommen wir in Kilcrohane an. Nach 32 Kilometern und gut 800 Höhenmetern. Viel mehr als ein Guinnes geht auch heute nicht mehr. Aber wir freuen uns auf die nächsten Tage, in dem Wissen, die härteste Etappe geschafft zu haben.

Eigentlich könnten wir noch ewig weiter gehen

IMG_0275Der dritte Tag unsere Tour führt uns hauptsächlich über Felder und entlang an Steinmauern und Ruinen in ca. 20 Kilometern nach Durrus. Schafe werden von Rindern abgelöst. Entlang an malerischen Buchten nähern wir uns merklich der Zivilisation. Das Wetter meint es weiter gut mit uns und wir können sogar ein extrem erfrischendes Bad im Atlantik nehmen. Durrus hält nun vier Pubs für uns bereit. Wir gönnen uns mal wieder Fish and Chips, das wohl traditionellste Bar-Essen. Einfach herrlich nach drei langen Wandertagen.

Den Abschluss unserer Reise bildet der Weg von Durrus zurück nach Bantry. Noch einmal liegen 18 Kilometer zum genießen vor uns. Zum ersten mal geht es durch kleine Wälder. Bäume sind tatsächlich Mangelware auf dem Sheeps Head Way. Wir erreichen die ersten kleinen Höfe und die Ausläufer von Bantry. Die Bucht und ihre Schiffe kommen in sicht. Mit über 90 Kilometern in den Beinen freuen wir uns auf unsere Ankunft. Aber die Gefühle sind gemischt. Eigentlich könnten wir in dieser Gegend noch ewig weiter gehen.

Meine erste Irlandreise geht ihrem Ende entgegen.

Ich kann jetzt verstehen, warum so viele Menschen immer wieder den Weg hierher finden. Auch ich werde sicher wiederkommen. Land und Leute haben mich in kürzester Zeit zu einem großen Fan gemacht.


Wer sich über den Sheeps Head Way informieren möchte, der schaut am besten auf der offiziellen Website vorbei. Dort findet man unter anderem kleine Karten und Informationen zu Übernachtungsmöglichkeiten.

http://www.thesheepsheadway.ie/

 

Unseren GPS-Track gibt’s natürlich hier (zum Speichern der gpx-Datei: Rechtsklick auf den Link – Speichern unter…)

Sheep's Head - Overview
Sheep’s Head – Übersicht

Von Bantry nach Dromcloc

Von Bantry nach Dromcloc

Wandern Sheep´s Head Tag 1

Wandern Sheep´s Head Tag 1

Wandern Sheep´s Head Tag 2

Wandern Sheep´s Head Tag 2

Wandern Sheep´s Head Tag 3

Wandern Sheep´s Head Tag 3

Wandern Sheep´s Head Tag 4

Wandern Sheep´s Head Tag 4

Alle Karten-Bilder: Garmin TOPO UK & Ireland LIGHT v3 © OpenStreetMap contributors

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